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Horror

Interview Dave Franco

Interview: Carmine Carpenito

Dave Franco: «In vielen Horrorfilmen ist es egal, ob die Charaktere sterben»

Schauspieler Dave Franco führt jetzt auch Regie. Sein Debut ist ein Thriller mit Horrortendenz. In unserem grossen Interview verrät er, weshalb es so wichtig ist, für seine Figuren Empathie zu empfinden, was er von seinem Bruder James Franco lernte und wie die Quarantäne seine Ehe auf die Probe stellte.

Dave Franco, Ihr Film fällt auf, weil er absolut keine Horror-Klischees verwendet. Mussten Sie beim Schreiben oft zurück und Änderungen vornehmen, damit es passt? Vielen Dank für den Kommentar, der bedeutet mir viel. Wir versuchten natürlich immer Erwartungen schon von Begin an zu minimieren. Unser Ziel, als wir erstmals das Skript anfingen zu schreiben, war es ein Horror- oder Thriller-Film zu machen, bei welchem man die Charaktere richtig kennen lernt. Man soll sich mit ihnen verbunden fühlen. Denn, sobald sie zu sterben beginnen, soll einem das berühren und fiebert mit, dass sie überleben. In vielen Horrorfilmen hat man diese Charaktere, die einfach nur zweidimensional sind oder einfach Stereotypen, die man immer wieder sieht. Man kennt diese Charaktere nicht wirklich und so interessiert es einem nicht, wenn sie zu sterben beginnen. THE RENTAL ist vielmehr ein geladenes Beziehungs-Drama. Wir haben die Horror-Elemente nur noch darübergelegt, damit es die einzelnen Probleme der Paare hervorhebt.

Wie Sie sagen, oft gibt es in Horrorfilmen 10 Charaktere und 9 davon werden getötet. Doch keinen der Charaktere kennt man besser oder gut… Genau. Wir wollten wirklich die Probleme der einzelnen Beziehungen genau so geladen und gespannt wirken lassen, wie die Tatsache, dass ein Psychopath in den Wäldern und Schatten lauert. Deshalb war es uns wirklich wichtig, dass wir die Charaktere gut machen und sie richtig vorstellen.

Oft ist es in der Industrie, selbst mit einem bekannten Namen, schwierig einen Film abgesegnet zu bekommen. Wie können Sie sich durch alle Neins und Tiefen motivieren? Ah, das ist eine gute Frage. Sie haben recht, dass es grundsätzlich enorm schwierig ist, überhaupt einen Film machen zu können. Ich habe mich selbst abgekämpft, damit dieser Film gemacht werden konnte. Vermutlich bin ich lange genug im Business, dass ich weiss, dass es ein dickes Fell benötigt, man Millionen Nein hört und einfach weitermachen muss. Ich realisierte, wenn man der Regisseur ist, interessiert es niemanden so sehr, wie einem selbst, was mit dem Film geschieht. Deshalb stirbt ein Projekt in dem Moment, wenn der Regisseur keine Zeit und Arbeit mehr darin investiert. Mit Joe Swanberg arbeitete ich von Beginn an daran, als es nur ein Krümmel einer Idee war. Durch den Prozess habe ich so viel Energie reingesteckt und ich liebe es so sehr, dass ich einfach durch alles hindurch gepusht habe.

Man muss vieles erdulden in diesem Fall... Ja, wie wir vorher festgehalten haben, es ist kein Standard Thriller- oder Horrorfilm, doch als wir es vorstellten, wollten viele es wieder in diese typische Horror-Schiene schieben. Wir lehnten immer wieder ab und erklärten, weshalb der Film anders ist. Irgendwann fanden wir dann endlich den richtigen Partner. Man weiss es oft augenblicklich, denn diese Menschen stellen die richtigen Fragen in den Meetings und man merkt, dass sie die Vision dahinter verstehen.

Oft sehen die Leute die Arbeit dahinter nicht, denn auf der Leinwand kann man den Entstehungsprozess nicht sehen und es wirkt alles so einfach von aussen… Absolut, gerade wenn man versucht etwas anderes zu machen. Dadurch wird es so viel schwieriger. Menschen müssen ein gewisses Risiko eingehen mit einer solchen Idee. Heutzutage als Zuschauer habe ich noch viel mehr Respekt und Anerkennung, wenn sich jemand die Mühe macht etwas Grosses oder etwas vollkommen anderes zu machen. Auch wenn es nicht immer zu hundert Prozent funktioniert, haben diese Leute meinen vollen Respekt, dass sie es zumindest versucht haben. Einfach gerade, weil ich weiss, wie schwer es ist gegenwärtig etwas komplett anderes zu machen.

Oft sehen die Leute die Arbeit dahinter nicht, denn auf der Leinwand kann man den Entstehungsprozess nicht sehen und es wirkt alles so einfach von aussen… Absolut, gerade wenn man versucht etwas anderes zu machen. Dadurch wird es so viel schwieriger. Menschen müssen ein gewisses Risiko eingehen mit einer solchen Idee. Heutzutage als Zuschauer habe ich noch viel mehr Respekt und Anerkennung, wenn sich jemand die Mühe macht etwas Grosses oder etwas vollkommen anderes zu machen. Auch wenn es nicht immer zu hundert Prozent funktioniert, haben diese Leute meinen vollen Respekt, dass sie es zumindest versucht haben. Einfach gerade, weil ich weiss, wie schwer es ist gegenwärtig etwas komplett anderes zu machen.

Wenn wir davon sprechen, dann haben viele oft Erwartungen an einem selbst. Wie stellen Sie sicher, dass Sie Ihre eigenen Träume verfolgen und nicht die anderer? Wow, das sind alles grossartige Fragen (schmunzelt). Als ich mit dem Schauspielern anfing, wusste ich, dass ich Jobs erhielt, die nicht wirklich gut waren. Ich war glücklich, dass ich Erfahrungen sammeln konnte, am Set war und grundsätzlich arbeiten durfte. Nach einer Weile begann ich meiner Familie und meinen Freunden zu sagen, dass sie meine Filme nicht sehen sollen, weil sie nicht gut sind (lacht). Ich hatte einfach keinen Spass mehr nach einer gewissen Zeit. Ich machte dann einen Schritt zurück und schloss mich mit einem Kindheitsfreund zusammen. Wir begannen Kurzfilme für diese Webseite funnyordie.com zu machen, das ist alles nun über 10 Jahre her. Diese Seite war enorm und die grösste Comedy-Seite zu dieser Zeit. Wir machten also diese Kurzfilme und Sketches, die um einiges kleiner waren, als was ich bis dahin gemacht habe. Allerdings waren sie eine präzise Darstellung meiner Sensibilität. Ich liebte sie und war stolz darauf. Von da an wählte ich einfach diesen Weg.

Was verstehen Sie unter diesem Weg? Ich begann mich mit Menschen zusammen zu tun, die ich liebe und denen ich vertraue. Wir machten unsere eigenen Dinge. Das versuche ich seither immer zu machen. Das ermöglichte mir immer wieder mit Freunden, Familie und sogar meiner Frau zu spielen. Sie ist übrigens eine der Hauptdarstellerinnen in THE RENTAL. Bei diesem Film hatten wir so viel Spass zusammen zu arbeiten, dass wir daran arbeiten es wieder tun zu können. Während der Covid-Zeit haben wir sogar ein Drehbuch geschrieben, bei welchem ich Regie führe und sie eine Rolle hat. Darüber könnte ich nicht begeisterter sein.

Kann man sagen, dass es für einen Drehbuchautor schon fast ein Muss war, während der Covid-Quarantäne etwas zu schreiben, weil es man sonst nicht erst meint? Ich kann so viel dazu sagen, es war eine gute Zeit, um einen Autor zu sein. Ich selbst würde mich eigentlich gar nicht als Drehbuchautor bezeichnen, weil es noch relativ neu für mich ist (schmunzelt). Doch es war definitiv eine gute Zeit dafür. Ich erinnere mich, dass wir anfangs glaubten, nur etwa zwei Wochen in diesem Lockdown zu sein. Meine Frau und ich sprachen über diese Idee schon seit Monaten. Für mich war die Zeit perfekt und ich wollte in diesen zwei Wochen möglichst produktiv sein. Dadurch war meine Frau allerdings etwas genervt von mir, weil ich uns so gepusht habe (lacht). Tatsächlich konnten wir einen ersten Entwurf in diesen zwei Wochen fertigstellen. Allerdings hielt der Lockdown und die Covid-Zeit noch an. Wir arbeiten seither an der Verfeinerung und der Feinabstimmung. Aber ich beginne auszuschweifen (lacht). Was haben Sie sonst noch für Fragen?

Im Film sieht man mitten im Wohnzimmer ein Teleskop stehen, aber nur jemand hinterfragt dies. Was denken Sie, weshalb hinterfragen wir gewisse Dinge nicht wirklich? Das ist einer der grössten Gründe, weshalb ich diesen Film gemacht habe. Es ist alles inspiriert durch meine eigene Paranoia über das Home-Sharing-Konzept. Gerade in Amerika, wo das Land so gespalten ist und im Moment niemand jemand anderem vertraut. Man vertraut in das Heim eines Fremden, einfach weil er gute Bewertungen online erhalten hat. Ich bin generell ein eher paranoider Mensch. Ich frage mich dann, weshalb wir uns einer solchen Situation ausliefern, wenn wir nicht wissen, wem das Haus gehört oder wer es mietet. Was hält jemanden davon ab, eine Wohnung oder ein Haus zu mieten, den Schlüssel zu kopieren und zu einem späteren Zeitpunkt zurückzukehren? Jedenfalls sind dies alles Gedanken, die in meinem Kopf herumschwirren. Trotzdem benutze ich immer noch Airbnb.

Wirklich? Ich habe sogar ein Airbnb gemietet, während ich den Film gedreht habe (lacht). Ich denke, ich wollte diese Aufteilung erforschen. Wir alle sind uns der Risiken eines Aufenthalts in einem fremden Haus bewusst, dennoch tun wir es trotzdem, weil wir nicht denken, dass uns etwas Schlimmes geschieht. Der Film erzählt nun die Sicht, dass ab und zu einigen Menschen Schlimme Dinge widerfahren. Vielleicht nicht ganz so krass wie im Film (lacht).

Josh hat Angst Mina zu verlieren, weil er sich ihr nicht ebenbürtig fühlt. Hatten Sie auch schon mal in einer Form Angst, dass Sie einem Co-Autor nicht ebenbürtig sind? Interessant, interessant. Ich fühle das nicht, wenn ich schreibe. Mit Joe und meiner Frau habe ich die letzten beiden Skripte geschrieben und das waren tolle Zusammenarbeiten, bei welchen wir stets voneinander profitierten. Diese Angst habe ich vermutlich in anderen Bereichen meines Lebens und auch in meinem Job. Es gibt diese Momente, wo ich das Hochstapler-Syndrom habe in meinem Job. In diesen Momenten denke ich einfach, dass ich nicht dorthin gehöre, egal wie lange ich meinen Job nun schon mache. Es steigt einem ein wenig zu Kopf. Diese Gedanken sind jedoch langsam am Verschwinden. Ich höre damit auf, darüber nachzudenken, was andere von mir denken, weil ich weiss, dass ich mir selbst treu geblieben bin. Ich habe meinen Kopf unten gehalten und Projekte gemacht, die ich liebe. Manche Menschen mögen, was man macht, andere nicht. Das ist die Natur unseres Jobs. Man wird nie alle zufrieden stellen können. Ich hoffe, dass beantwortet die Frage ein wenig.

Gibt es das Gegenteil, dass man besser wird, wenn man sich mit anderen Menschen umgibt, die eine gleiche oder ähnliche Kreativität haben? Ja, zu hundert Prozent. Wenn ich als Schauspieler an einem Set bin, wo es Co-Schauspieler gibt, die besser sind, dann heben sie mich auf ihr Niveau hoch. Sie lassen mich besser erscheinen, als ich es eigentlich bin. Dies gilt für alle Bereiche. Bei THE RENTAL habe ich etwas tolles gemacht, in dem ich mir mit der Suche nach dem Cast und der Crew wirklich Zeit liess. Klar wollte ich einerseits talentierte Menschen, doch mir war genauso wichtig, dass es nette und hartarbeitende Menschen sind. Es war zwar ein langer Prozess, doch am Ende war ich umgeben von diesen unglaublich talentierten Menschen, die als Stütze brauchen konnte. Ich musste niemanden mikromanagen. Für den grössten Teil fühlte ich mich mehr als Cheerleader, der alle anfeuerte. Sie waren alle so gut, dass sie mich besser aussehen liessen und mir den Job vereinfachten.

Im Film gibt es die gewisse Brüderdynamik. Sie selbst haben einen Bruder, der im selben Business arbeitet. Gibt es etwas, dass er von Ihnen gelernt hat? Ich beginne damit, was ich von ihm gelernt habe. Der relevanteste Teil ist vermutlich die Zusammenarbeit an THE DISASTER ARTIST, wo er mein Regisseur war. Er gestaltet ein sehr kollegiales und kollaboratives Umfeld, wo es keine Egos gibt. Die Regel ist, die Beste Idee gewinnt, egal von wem sie kommt. Er ermutigt alle mitzureden und ihre Ideen einzubringen, wenn sie denken, dass es für den Film passt. Das erschafft dieses Umfeld, wo sich alle gehört und einbezogen fühlen. Diese Art des Filmeschaffens habe ich versucht für meinen Film zu übernehmen.

Und nun vielleicht umgekehrt? Was er von mir gelernt hat…hmm…beim Filmemachen, weiss ich nicht genau was. Ich bin ein Übervorbereiter (schmunzelt). Ich bereite mich extrem auf meine Projekte vor. Ich überlege mir jedes kleinste Detail und was alles geschehen könnte. So bin ich bereit, egal was am Set dann tatsächlich geschieht. Ich denke, dass es vielleicht in seiner Karriere Momente gab, wo er sich nicht perfekt auf ein Projekt vorbereiten konnte, weil er fast keine Zeit hatte. Ich weiss es aber nicht. Das ist meine Antwort. Ich bin ein Nerd und mag es, wenn ich meine Hausaufgaben machen konnte, bevor ich anfange (schmunzelt).

Letzte Frage, oft beginnen Drehbuchautoren diverse Projekte, doch beendet wird vielleicht nur eines. Wie entscheidet man sich, ob und welches man beendet? Die beste Art dafür zu sorgen, dass man etwas beendet, ist eine Idee zu finden, die man wirklich liebt. Etwas, das man schon fast tun muss. Eine Idee, die einem schon länger im Kopf schwirrt oder einem einfach dermassen begeistert. Das motiviert einem weiterzuschreiben. Ich habe auch begonnen mehr Projekte zu produzieren, wo ich weder die Regie noch eine Rolle übernehme. Ich habe mir selbst zur Regel gemacht, dass ich mich nur an Projekten beteilige, wo ich wirklich mit vollem Elan dahinterstehe. Es gibt Projekte, wo mir die Idee gefällt, aber ich denke, dass ich es eigentlich nicht machen muss. Ich habe keine Zeit für diese Projekte, ausser es kocht mein Blut innerlich, weil ich so gepackt wurde. Das würde ich sagen, egal was man macht, man muss dafür sorgen, dass man es liebt und eine lange Zeit damit verbringen will. Denn im besten Falle arbeitet man mehrere Jahre daran.

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