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Emma Thompson: «Richterin ist definitiv kein Job für mich»

LONDON In KINDESWOHL trifft Oscar®-Preisträgerin und Filmlegende Emma Thompson, als Richterin Fiona Maye auf Newcomer Fionn Whitehead als Adam Henry. Sie soll darüber entscheiden, ob der an Leukämie-Erkrankte und Minderjährige Adam eine Bluttransfusion erhalten soll, obwohl seine Eltern Zeugen Jehovas sind. Mit kinowetter sprechen die beiden Schauspieler über die unglaubliche Arbeit solcher Richter, die Geschichte aus dem Buch und was das Publikum mitnehmen soll.

Regisseur Richard Eyre hat erwähnt, dass Sie bei einige der alten Fälle dabei sein durften. Haben Sie das gemacht und wenn ja, was konnten Sie daraus mitnehmen? Emma Thompson: Warst du dort und hast zugeschaut?
Fionn Whitehead: Nein, ich bin nicht hin.
Emma Thompson: Stimmt, du warst anderwärtig beschäftigt. Ich ging hin und verbrachte Zeit mit diesen Richterinnen. Auch ohne Richard Eyre und den Produzenten Duncan Kenworthy. Mir war wichtig zu wissen, wie es für diese Frauen war. Es war absolut faszinierend zusehen zu können. Normalerweise darf man Anhörungen des Familiengerichtes nicht beiwohnen, das sind geschlossene Sitzungen. Es war unglaublich diese Richterinnen zu erleben, wie sie so viel Tragik und Leiden miterleben müssen. Man sieht Leute voller Wut, Leugnung oder auch voller Verärgerung und Verzweiflung. Sie wissen egal, welche Entscheidung sie treffen, jemand wird darunter leiden. Es geht auch um Entscheidunge über Leben und Tod. Ich weiss nicht, wie sie diese Verantwortung und Last tragen können. Meine Bewunderung für diese Richterinnen kennt keine Grenzen. Es ist defintiv kein Job, den ich machen könnte.

Die Geschichten aus dem Buch sind noch intensiver als im Film. Wie war es für Sie, kannten Sie das Buch und nutzen Sie es als Recherche? Fionn Whitehead: Für mich war es auf jeden Fall Recherche-Material. Als ich das Skript bekam, hatte ich das Buch noch nicht gelesen. Ich bekam es erst im Anschluss und benutzte es dann als Aufbau für meine Rolle. Wir verwendeten relativ viel aus dem Buch, und das obwohl das Buch und das Skript sich recht unterscheiden. Mir war wichtig, als wir den Film drehten, dass ich den Charakter nicht nach dem Buch oder dem Skript spielte, sondern in für mich selbst fand. Das Skript diente mir dann als Unterstützung. Allgemein nahmen wir uns das Drehbuch viel mehr als Unterstützung, als dass wir das Buch verwendeten. Vermutlich kann man verrückt werden, wenn man versucht eine Rolle genau nach einem Buch zu spielen.

Sind Sie auch dieser Meinung? Emma Thompson: Ja, das ist schliesslich auch nicht der Sinn der Sache. Ian hat das Buch zu einem Skript adaptiert und dann wird es nochmals adaptiert, bevor dann wir Schauspieler es bekommen. Die Schauspieler erfinden danach die Geschichte auf ihre Art neu. Das ist ja die Freude für die Schauspieler. Es ist eine Zusammenarbeit von allen. Wir sind nicht immer total ehrlich, sondern wir nehmen die Charaktere und versuchen sie so realistisch zu machen, wie es nur geht. Und natürlich wie wir die Beziehung so stark wie nur möglich machen können.

War es sehr schwer einen Charakter zu spielen, der emotional eine wahre Achterbahn durchlebt, jedoch gegen aussen nicht viel Emotionen zeigt? Emma Thompson: Ja schon, denn man kann nicht offen spielen oder sich zeigen oder kommentieren. Das ist einfach nicht Fionas Art. Am besten sieht man ihre Emotionen, wenn sie durch die Strassen läuft. Da hat sie keine Augen, die ihr folgen und sie beobachten. Man sieht an ihrer Gangart, ihren Augen und der Körperhaltung wie unglücklich sie ist. Sobald sie dann bei Gericht ist, veränderte sie sich. Zudem ist Fiona kein ausdrucksstarker Mensch. Sie sagt auch, dass sie nur einmal jung und frei war, in ihrer Kindheit. Man fühlt den Einfluss dieser eher einfache, nicht glamouröse Kindheit auch ein wenig. Ihre Flucht ist die Musik, doch plötzlich kommt dieser junge Mann (gespielt von Fionn Whitehead, Anm. der Red.) daher. Dann ist da einerseits die Musik, daneben aber auch diese Flamme des Lebens, die sie auf eine gewisse Art anzieht. Diese entflammt viele verschiedene Funken in ihr. Es ist etwas Wunderbares, dass mir gegeben wurde zum Spielen.

Der Film soll auf seine Weise das Publikum einnehmen. Was ist für Sie der grösste Denkanstoss, der die Leute aus dem Film mitnehmen sollen? Fionn Whitehead: Mir ist einfach wichtig, dass sich die Leute in den Film hineingezogen fühlen, ihnen die Charaktere gefallen, Sympathie für sie empfinden und grundsätzlich der Geschichte folgen.
Emma Thompson: Ich wünsche mir, dass die Leute herauskommen und sagen: «Wir müssen in ein Pub und darüber sprechen, jetzt!» Denn das ist es, was ich tun würde. Ich käme schockiert aus dem Film und würde jede Frage, jedes Problem und jede Entscheidung hinterfragen und ansprechen. Schliesslich ist es ein Film, der einfach so viel hat über das man sprechen und diskutieren kann. Es ist eine Faszination Interviews zu diesem Film zu führen. Denn man weiss nie, welchen Weg das Interview einschlägt. Es ist wunderbar, einfach diese Fülle an Informationen und Interesse.

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