Hellraiser

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Horror

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In HELLRAISER geht es darum, Puzzles zu lösen. Was mir an dem Film besonders gefällt, ist, dass man sieht wie Bruder und Schwester gemeinsam nach einer Lösung suchen. Was war das schwierigste Puzzle, welches Sie in Ihrem Leben lösen mussten? Diese Rolle (lacht). Ich hätte nie gedacht, dass ich sie bekomme. Ein Teil von mir wollte einfach beim Vorsprechen Spass haben, weil ich wirklich nie damit gerechnet hätte, dass ich gecastet werde. Ich wusste, dass die Rolle eine riesengrosse Herausforderung sein würde. Ich hatte solche Angst. Ein Teil von mir wollte nicht vorsprechen, weil ich Angst vor dem körperlichen und emotionalen Einsatz hatte. Ich hatte vorher nie mit Prothetiken gearbeitet. Als ich die Rolle dann bekam und die Russells und den Rest des Make-Up-Teams kennen lernte, merkte ich schnell, dass es kein Zurück mehr gibt. Den Priest in HELLRAISER zu spielen, war also das grösste Puzzle, das ich je lösen musste.

Die Figuren im Film machen mit, weil sie das Gefühl haben, sie würden das, was sie wollen, selbst nicht bekommen. Welchen Wunsch hatten Sie, von welchem Sie glaubten, diesen nicht erfüllt zu bekommen? Diese Rolle war einer davon, aber allgemein Rollen in diesem Business zu bekommen. Ich habe hart daran gearbeitet, dass mein Lebenslauf die Menschen um mich herum spiegelt. Der Priest kam aus heiterem Himmel. Es hat grossen Spass gemacht, Tess Van De Berg in L-WORD: GENERATION Q zu spielen, diese selbstzerstörerische, trockene Alkoholikerin, die als Barkeeperin arbeitet, und ihre kranke Mutter pflegt. Und natürlich Nomi in SENSE8, diese lesbische Hackerin, die eine wunderschöne Beziehung zu ihrer Partnerin pflegt und auf einmal diese psychische Verbindung zu all diesen Menschen um die ganze Welt entwickelt. Mein Wunsch ist es, all diese verschiedenen Rollen zu spielen, und es geschieht tatsächlich. Ich muss also irgendetwas richtig machen (lacht).

Zu Beginn des Films sieht man eine richtig emotionale Szene zwischen Matt und seiner Schwester Riley. Während ihrem Streit sagt sie ihm, dass er es liebt, andere zu retten, damit er sich gut fühlen kann. Er möchte sie von Drogen und Alkohol fernhalten. Sie sieht ihn als überfürsorglichen Bruder. Wie schaffen Sie es, dass andere Ihre wahren Absichten erkennen? Brandon und Odessa haben unglaublich gute Arbeit in dieser Szene geleistet. Diese ist eine meiner Lieblingsszenen im ganzen Film. Ich weine jedes Mal, wenn ich sie sehe. Sie ist so tiefgründig und emotional und authentisch. Authentizität ist der Schlüssel, damit Leute verstehen, wer man ist, und was man will. Wenn man sich selbst ist, glauben die Leute einem. Wenn man die Wahrheit sagt und aufrichtig ist, entsteht Vertrauen.

So wahr. Entscheidungen zu treffen ist ebenfalls ein grosses Thema im Film. Bevor der Horror überhaupt losgeht, steht Riley kurz davor, eine schlechte Entscheidung zu treffen, und Colin hält sie davon ab, indem er sagt, dass sie es später bereuen wird. Sie weiss das, hält aber trotzdem an ihrer Entscheidung fest. Wenn man wütend und emotional ist, tendiert man eher dazu, schlechte Entscheidungen zu treffen, obwohl man es eigentlich besser weiss. Wie merken Sie es, dass die Entscheidung, die Sie Ich stimme Ihnen zu, dass Entscheidungen ein grosses Thema im Film sind, aber ich denke, darüber hinaus geht es vor allem um deren Konsequenzen. All unsere Entscheidungen haben Konsequenzen. Riley muss lernen, dass ihre Entscheidungen nicht nur auf sie selbst, sondern auch auf andere Auswirkungen haben. Unsere Entscheidungen haben Auswirkungen auf die Menschen um uns herum. Als ich in meinen Zwanzigern war, dachte ich, alles besser zu wissen. Im Leben gibt es so viele Lektionen, die man nur lernt, wenn man Fehler macht. Als ich jünger war, gab es Situationen, in denen mir Leute gesagt haben, dass ich gewisse Dinge lieber nicht tun sollte, aber ich musste die Erfahrung selbst machen. Und umgekehrt: Jetzt, wo ich älter bin, gebe ich manchmal anderen einen Rat, und muss zusehen, wie sie das Gegenteil davon tun. Es gibt viele Lektionen im Leben, die wir nur durch unser Handeln lernen.

Ich liebe an Pinhead, dass die Figur den Zuschauern so viel zum Nachdenken gibt. Sie spricht nicht viele Sätze, aber wenn sie etwas sagt, dann eben etwas, worüber man nachdenken muss. Einer davon war, dass man Schmerz akzeptieren muss. Was würden Sie sagen, kann man lernen, wenn man dies tut? Das Verständnis, dass unser Handeln andere beeinflusst. Manchmal treffen wir Entscheidungen, die andere verletzen. Ob wir das mit Absicht tun oder nicht, wir sollten trotzdem die Verantwortung für unsere Handlungen übernehmen. Das macht Riley zum Schluss des Films. Sie möchte keinen Preis, weil sie weiss, dass es nur schlimmer wird, wenn sie eine Version von Matt zurückbringt. Man muss also akzeptieren, was man nicht verändern kann.

Was sagen Sie zur Szene mit Voight und dem Priest? Ich liebe diese Szene. Wir haben Tage dafür am Set verbracht. Goran Visnjic hat so einen tollen Job als Voight gemacht. Voight ist so spannend für mich, weil er so reich und privilegiert und trotzdem nicht zufrieden ist. Er ist im Alltag ständig auf der Suche nach mehr. Er opfert alles und jeden, um mehr zu bekommen. Er verletzt all diese Menschen, bis der Priest ihn konfrontiert und ihm sagt, dass es kein Zurück mehr gibt. Es wird nur schlimmer, aber Voight bekommt die grösste Belohnung von allen, zumindest aus der Sicht der Cenobiten. In meiner Fan-Fiction hat Voight jede Menge Spass als seine eigene Version eines Cenobiten (lacht). Das war eine grossartige Szene. Ich liebe den Moment, als Voight denkt, er wäre befreit. Man sieht in seinem Gesicht, wie erleichtert er ist, und dann kommen die Ketten herunter. Das sind eben die Konsequenzen.

Das finde ich grossartig an dieser Figur. Sie weiss, dass es Konsequenzen gibt und weigert sich trotzdem, dazu zu lernen. Ihre Figur ist ebenfalls sehr egozentrisch. Wie schaffen Sie es, sich nicht nur auf eine Sache, sondern auf viele Dinge zu konzentrieren, die nicht nur Ihnen, sondern anderen Menschen um Sie herum Freude bringen? Ich weiss nicht, das ist eine sehr interessante Frage. Ich kenne keinen wie Voight. Ich weiss nicht, wie ich die Frage beantworten soll. Alle die ich kenne, haben unterschiedliche Interessen. Kommen wir später darauf zurück.

Das ist toll, dass Menschen nicht wie Voight sind. Kennen Sie jemanden wie Voight? Ich nicht (lacht).

Vielleicht ein oder zwei Menschen, die in diese Richtung gehen, aber nicht so extrem wie er. Was ich auch faszinierend fand, war die Stelle, als Riley sagt, sie hätte genug getan. Daraufhin antwortet Pinhead, dass Genug ein Mythos sei. Haben Sie schon einmal gedacht, Sie hätten genug getan und dann gemerkt, dass es doch nicht genug war? Ich habe ein Motto, es ist etwas morbid: «Pigs Get Fat. Hogs get Slaughtered». Es bedeutet in etwa, dass man sich bloss das nehmen soll, was man braucht. Ich habe diesen Satz schon immer geliebt. Die Cenobiten versuchen andere davon zu überzeugen, dass es immer etwas Besseres gibt, dass immer ein nächster Level kommt. Sie wollen nicht, dass man mit dem Puzzle aufhört, sondern dass man süchtig danach ist und immer weitermacht. Riley kommt zum Schluss, dass sie genug getan hat und aufhören muss, weshalb sie die Puzzle-Box die Brücke hinunterwirft. Menschen können nach so vielen verschiedenen Dingen süchtig sein. Shopping, Glückspiele, Alkohol, Drogen. Wann hat man genug? Dieser Satz, den der Priest sagt, dass Genug ein Mythos ist, ist nicht wahr (lacht). Ich denke, sie webt damit bloss ihr Netz. Sie möchte Riley dazu motivieren, weiterzumachen. Das ist sehr zwielichtig von ihr.

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